Wohnraum wird schneller teurer als alles andere

Die Häuserpreise entkoppelten sich im Vorjahr von der Gesamtinflation. Mehr Wohnbau könnte die Preise dämpfen - aber dabei hapert es trotz günstiger Finanzierungsangebote.
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Der Preisauftrieb bei Wohnraum lag im Jahr 2015 gut fünf Mal so hoch wie die allgemeine Teuerungsrate.
Der Preisauftrieb bei Wohnraum lag im Jahr 2015 gut fünf Mal so hoch wie die allgemeine Teuerungsrate.
SN/Marco2811 - Fotolia

Selbst in Zeiten vergleichsweise niedriger Gesamtinflation bleibt die Teuerungsrate für Wohnraum ungewöhnlich hoch. Im Jahr 2015 stiegen die Preise für Häuser und Wohnungen österreichweit um 4,9 Prozent, zeigt der aktuelle Häuserpreisindex (HPI) der Statistik Austria. Damit lag der Preisauftrieb in diesem Bereich gut fünf Mal so hoch wie die allgemeine Teuerungsrate, die im Vorjahr lediglich 0,9 Prozent betrug. Seit dem Jahr 2010 haben sich die Preise für Häuser und Wohnungen kumuliert um fast ein Drittel (30 Prozent) erhöht.

Auffällig ist, dass sich zuletzt die Preisdynamik bei Immobilien gegenüber den Jahren davor deutlich verstärkte. Denn üblicherweise bewegt sich die Teuerung bei Wohnraum im langfristigen Trend relativ konstant in einer Bandbreite zwischen dem Doppelten und Dreifachen der Gesamtinflation.

Dabei gibt es keinen nennenswerten Unterschied zwischen neu errichtetem oder bestehendem Wohnraum, der sich im Vorjahr um 4, 8 bzw. um 5,0 Prozent verteuerte. Diese Zahlen gelten gleichermaßen für Häuser wie für Wohnungen. Sehr wohl deutliche Unterschiede fördert der Häuserpreisindex zwischen bestehenden Häusern (+7,3 Prozent) und bestehenden Wohnungen zutage, für die um 3,9 Prozent mehr hingeblättert werden musste. Erstmals seit Jahren lag damit der Preisanstieg für bestehende Häuser deutlich über jenem für bestehende Wohnungen.

Wichtigster Grund für die kräftig anziehenden Wohnraumpreise ist die markant verstärkte Nachfrage, insbesondere durch Zuwanderung. Davon sind hauptsächlich die Ballungsräume betroffen, speziell die Bundeshauptstadt Wien.

Dazu kommt bei vielen institutionellen und privaten Anlegern der Wunsch nach einer zumindest wertbeständigen Anlage oder Vorsorge. Das ist im aktuellen Umfeld wesentlich schwieriger als früher, eine der verbleibenden intakten Möglichkeiten ist eben das "Betongold". Hier beißt sich auch die Katze in den Schwanz. Denn genau jene tiefen Zinsen, die in Form günstiger Wohnbaukredite die Kaufnachfrage nach Wohnungen ankurbeln, treiben auch die Preise in die Höhe.

Die Vorstände der s Wohnbaubank, Ernst Karner und Josef Schmidinger, orten zwar eine leichte Verlangsamung beim Preisauftrieb für Häuser und Wohnungen. Trotzdem pochen sie auf eine verstärkte Wohnungsproduktion als wohl wirksamste Maßnahme gegen ein weiteres Überschießen der Wohnkosten. "Für die Leistbarkeit der eigenen vier Wände ist es wichtig, dass genug Wohnungen im mittleren Preissegment auf den Markt kommen", betont Schmidinger.

Doch trotz der aktuell historisch günstigen Finanzierungsmöglichkeiten will der Wohnbau nicht so recht in Fahrt kommen. Obwohl die Anzahl der Baubewilligungen seit dem Jahr 2011 steigt, schlage dieser Zuwachs nicht auf die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen durch, lautet der Befund der Wohnbaubank. Somit sei fraglich, ob die Bauproduktion 2015 wirklich zugenommen habe - oder aber wie 2014 rückläufig gewesen sei. Der geförderte Wohnbau zeigt seit 2006 "eher stagnierende Tendenzen", während das frei finanzierte Segment an Dynamik gewann.

Allein die s Wohnbaubank stellte im Vorjahr eine knappe Milliarde (950 Mill. Euro) zur Schaffung neuen Wohnraums zur Verfügung. Um gegenüber den Banken wettbewerbsfähig zu bleiben, bietet die s Wohnbaubank erstmals fix mit 2,5 Prozent p. a. verzinste Darlehen mit 20 Jahren Laufzeit an.

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