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Im Winter frisches Gemüse ernten

Es klingt nach Schlaraffenland: Wenn sich Nebel und Kälte über das Land legen, erwacht der Garten plötzlich als üppiger Vitaminspender.

Kopfsalat im Eismantel.
Kopfsalat im Eismantel.

Frisches Gemüse ernten - von Oktober bis in den März hinein, verspricht der Wiener Gemüseexperte Wolfgang Palme. Seit mehr als zehn Jahren erforscht er an der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau in Schönbrunn den Gemüseanbau im Winter und hat nun seine Erkenntnisse im Buch "Frisches Gemüse im Winter ernten" zusammengefasst.

Palmes Ziel ist es, sich von Importen, aber auch von aufwendig im Glashaus mit Kunstlicht und Heizung gezogenem Gemüse zu verabschieden und das saisonale Denken in den Mittelpunkt zu stellen. "Wer meint, dass der Tisch dann nicht abwechslungsreich gedeckt ist, der irrt sich", sagt Palme und zeigt anhand seiner Forschungen, dass 77 Pflanzen auch bei uns im Winter gezogen werden können - ohne Gewächshaus oder aufwendige Heizung. Kopfsalat, Mangold, Sauerampfer und die große Palette an Asiasalaten sind viel frostfester als angenommen. "Bis zu minus neun Grad Celsius hat Salat überlebt! Er war zerbrechlich wie Glas, aber nach dem Auftauen wieder voll verwendbar", erklärt der Gemüseliebhaber, von seinen Erkenntnissen begeistert. Freilich lässt sich nicht heute Salat setzen und morgen kann der Frost kommen. Alles muss hier sanft und schrittweise erfolgen. "Das langsame Abhärten ist einer der wichtigsten Faktoren", sagt Palme, der in der Cityfarm in Schönbrunn ein völlig neues Kapitel der urbanen Gemüsekultur aufgeschlagen hat. Weiters ist die Nährstoffversorgung wichtig: Wird im Herbst zu viel gedüngt, dann "verweichlichen" die Pflanzen und halten den Frösten nicht stand. Interessant sind seine Erkenntnisse über die Eisbildung in den Pflanzen. Bei Frost bilden sich innerhalb und außerhalb der Zellen Eiskristalle, zeigen Palmes Experimente. Doch nur das "innerhalb der Zelle" gebildete Eis ist gefährlich. Kommt der Frost langsam, kann sich die Pflanze helfen und legt die Zellen "trocken", denn das Eis außerhalb ist für einige Zeit unproblematisch. So überlebte der Salat eben auch neun Grad minus.

Das Auftauen sollte dann ebenfalls langsam erfolgen, dann kann das Gemüse problemlos verarbeitet werden. Auf den Geschmack wirkt sich die Kälte unterschiedlich aus, "so wird Mangold ein wenig fasriger, Kohlrabi dagegen schmeckt besonders zart schmelzend", sagt Palme und ist so begeistert, dass er Profis und Hobbygärtner animiert, diese ökologische Alternative zu versuchen.

Frisches Gemüse im Winter ernten
400 Seiten, Verlag Löwenzahn, 29,90 Euro.