Heimelig trotz Hitze

Das "neue Bauen" fördert die Überhitzung im Gebäude. Wohn- und Luftqualität müssten schon im Vorfeld in die Planungen mit einbezogen werden.bernhard Schreglmann
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Schön, aber heiß: Große Fensterflächen Richtung Süden fördern die Überhitzung im Inneren. 
Schön, aber heiß: Große Fensterflächen Richtung Süden fördern die Überhitzung im Inneren. 
SN/bernhard schreglmann

Auch wenn der heurige Sommer noch keine so langen Hitzeperioden hat entstehen lassen wie die vergangenen Hochsommer, ist das Thema Hitze und Hitzeschutz dennoch allgegenwärtig. Denn Hitze wirkt sich nicht nur gesundheitlich auf die Menschen aus, sie hat auch viele andere Nebenaspekte, gerade im Wohnbereich. Durch die seit Jahren übliche Mode, möglichst große Fensterflächen Richtung Süden einzubauen, ist das Thema Überhitzung wieder auf die Tagesordnung gelangt.

Doch Behaglichkeit erfordert ein ausgewogenes Zusammenspiel mehrerer Komponenten, vor allem von Raumtemperatur und Luftqualität. Die Lichtverhältnisse dürfen dabei nicht vernachlässigt werden, weil sie biologisch wirksam sind und eigentlich unnötige Beleuchtung auch zusätzliche Heiz- und Kosteneffekte verursacht. Ganzheitliche Lösungen sind bei Gebäuden also nötig und sie sind mit frühzeitiger Planung durchaus kostengünstig möglich. Am teuersten sind nachträgliche Maßnahmen, vor allem wenn sie bauliche Veränderungen erfordern. Ziel muss es sein, die Hitze gleich von vornherein draußen zu halten und gleichzeitig für gute Luft zu sorgen.

Die jährliche Expertenbefragung "Zukunft Bauen" in Österreich bestätigt seit 2011, wie wichtig Hitzeschutz und gute Raumluft sind. "Vermeidung sommerlicher Überhitzung" lag bereits in diesem ersten Durchgang an der Spitze der Prioritätenliste, ebenso wie 2016. Das Problem wird also über die Jahre verschärft wahrgenommen, obwohl die sommertaugliche Planung von Wohngebäuden ohne mechanische Kühlung machbar ist.

Das Thema Innenraumluftqualität war 2011 gleich wichtig, ist jedoch 2016 auf Rang sieben zurückgerutscht. Das lässt laut Andreas Greml, Obmann des Vereins komfortlüftung.at, unterschiedliche Interpretationen zu: "Einerseits dass das Thema Luftqualität und kontrollierte Wohnraumlüftung - die sogenannte Komfortlüftung - tatsächlich für weniger wichtig gehalten wird. Andererseits dass das Thema keine so große Herausforderung mehr darstellt, weil es mittlerweile grundsätzlich gelöst ist."

Eine sogenannte Innenraumklimatologie dokumentiert den Zustand der Raumluft und trägt auch selbst zu deren Verbesserung bei. Peter Tappler, Geschäftsführer der IBO Innenraumanalytik OG, beobachtet mit seinem Expertenteam die Praxis. "Alle am Bauprozess Beteiligten können sich entspannen: Mittlerweile liegen praktikable und kostengünstige Lösungen für beste Innenraumluftqualität und für eine ausreichende Innenraumraumlüftung vor. Die Industrie hat bedarfsgeregelte Komfortlüftungssysteme unterschiedlicher Größe für jede Anwendung entwickelt."

Demnach steigt die Nachfrage konstant und die Hersteller bieten zunehmend genau jene Geräte an, denen bereits in der Befragung 2012 die besten Marktaussichten attestiert wurden, nämlich Komfortlüftungen mit Wärme-/Feuchterückgewinnung, teilweise mit Sole-Erdwärmetauscher.

Das Thema Sommerliche Überwärmung dürfte sich aber noch ausweiten. Denn der Begriff ist durch die neue Art des Bauens verstärkt ins Bewusstsein gerückt. Die dichten Gebäudehüllen mit großen, südorientierten, transparenten Bauteilen können auch in den Übergangszeiten und sogar in der Heizsaison zu Überwärmung führen, wie Studien der Aalberg University, Dänemark, zeigen. Das liegt auch in der normbedingten Berechnungsweise. Laut einer Studie der TU Graz wäre es sinnvoll, in Zukunft nicht den statistisch wärmsten Tag heranzuziehen, sondern eine Hitzeperiode. Weiters macht die Studie klar, dass die Sommertauglichkeit vor allem von zwei Faktoren maßgeblich abhängt, dem Sonnenschutz und einer kühlwirksamen Nacht- lüftung. Die Studie stellt weiters fest, dass Speichermasse zwar das Regelverhalten des Gebäudes beeinflusst, jedoch keine passive Maßnahme gegen Überwärmung per se darstellt. Es sollte also bei der Konzeption von Gebäuden schon die mögliche Hitze mit einbezogen werden. Das deckt sich allerdings nicht mit einer sogenannten OIB-Richtlinie. Die sieht das Thema Sommerliche Überwärmung in der Nutzungsphase positioniert, also nach Planung und Bau. Diese Regelung kann zwar die Herstellungskosten günstiger machen, bringt jedoch die Bewohner in ein Dilemma: Sollen sie auf angenehmes Wohnklima verzichten oder mit wesentlich höheren Kosten selbst dafür sorgen?


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